Feuertaufe in der Bürgerschaft
Meine erste Rede, die ich im Plenarsaal der Bremischen Bürgerschaft am 27. September hielt, hatte inhaltlich zunächst einmal – so gar nichts – mit dem mir von der Fraktion der Grünen übertragenen Aufgabenbereich – der Sozialpolitik – zu tun. “Zunächst einmal” aber auch nur, weil jedeR AbgeordneteR nicht umhin kommt, sich auch mal eben schnell in ein neues Themenfeld einzuarbeiten. Als Frischling im Parlament wird man/frau nicht verschont. So war meine erste Rede gleich eine GegenRede, erfordere also eine Re-Aktion. Das süße Bonbon für jeden Frischling war das nicht.
Na gut, dacht ich mir, Arbeitsmarktpolitik liegt mir ja nicht fern. Nur, was genau will die Fraktion Die LINKE da eigentlich in ihrem Antrag? Das herauszufinden, war ein kollektiver Akt, und es zeigte sich, dass wir ein gutes grünes KollegInnen-Team sind. Nachdem ich durchdrungen hatte, welches Ziel die Fraktion Die LINKE mit Ihrem Antrag “Soziale Stadtentwicklung absichern” verfolgt, welche Instrumente sie dafür einsetzten will und welche Ressourcen, setzte ich mich mit meinen Laptop auf den Zimmerfußboden und legte mit denken, knirschen, durchwalken und nebenbei schreiben los.
Herausgekommen ist dabei ein: “well done, liebe Susanne :-)”. Nach meiner Feuertaufe in der Stadtbürgerschaft fand ich einen gelben Zettel auf meinem Sitzplatz mit genau diesen Schriftzeichen eines Kollegen. Das macht Freude und Mut. Mut für mehr. Und noch mehr Lust darauf, gute Reden zu halten.
Hier könnt ihr nun meine erste Rede lesen. Sie bezieht sich auf den Antrag der Fraktion Die LINKE “Soziale Stadtentwicklung absichern” .
*********************************************************************************************************************************
11-09-27 Gegenrede zum Antrag Fraktion Die LINKE „Soziale Stadtentwicklung absichern!“ Susanne Wendland, Stadtbürgerschaft
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,
der hier vorliegende Antrag der Fraktion Der Linken greift ein wichtiges Thema auf, macht jedoch keinen akzeptablen Lösungsvorschlag. Wir! – die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen – werden ihm deshalb nicht zustimmen.
In dem Antrag der Fraktion Der Linken geht es um die Kürzungen der Bundesmittel für die Arbeitsmarktförderung und deren Auswirkungen auf Bremen. Wir Grüne lehnen diesen Kahlschlag der schwarz-gelben Bundesregierung ab. Mit der sogenannten Instrumentenreform und! der Kürzung des Eingliederungstitels wird Langzeitarbeitslosen der Weg zurück in Arbeit verbaut.
Immer mehr konzentrieren die Bundesregierung die Arbeitsförderungsmittel auf die „guten“ Arbeitslosen, also die, die wenige oder gar keine Vermittlungshemmnisse haben. Aber die, die eine Förderung am nötigsten haben werden jetzt noch weiter abgehängt und ins Abseits gedrängt – das ist sozialpolitisch und menschlich absolut daneben. Seit der Harz IV – Gesetzgebung ist der Bund für die Finanzierung der Arbeitsmöglichkeiten und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen verantwortlich. Dieser Verantwortung kommt die Bundesregierung nicht nach.
Sehr geehrte Damen und Herren, das wichtigste! Anliegen von Arbeitsmarktpolitik ist es, Langzeitarbeitslosen Brücken in Arbeit zu bauen. Der Antrag der Fraktion der Linken konzentriert sich aber alleine! auf die soziale Stadtentwicklung, die mit diesen Mitteln ebenfalls gefördert wird. Die rot-grüne Koalition steckt viel Geld in stadtteilbedeutsame Projekte um der sozialen Spaltung der Stadt entgegenzuwirken. Aber es ist doch völlig illusorisch anzunehmen, dass wegfallende Bundesmittel einfach aus dem Bremer Haushalt ausgeglichen werden könnten. Immer wieder inszenieren Sie von der Linken hier das Spiel: Geld ist doch genug da. Wie Sie ständig die Augen vor der Realität verschließen können, ist mir wirklich! schleierhaft.
In die Richtung unserer Bundesregierung will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen, dass mit einer solchen Politik ein verlässlicher sozialer Arbeitsmarkt in weite Ferne rückt. Deshalb haben wir als Koalition einen Antrag im Landtag gestellt, mit dem wir fordern, dass die Pläne auf Bundesebene, solch unsoziale Kürzungen vorzunehmen, umgehend fallen gelassen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Der Linken, ich lade Sie dazu ein, diesem rotgrünem Antrag am Donnerstag zuzustimmen.
Der Kern des vorliegenden Antrags der Fraktion der Linken ist die Forderung nach einem Senatskonzept (…) Was wir brauchen ist kein neues Konzept, sondern wir müssen die Bundesregierung an ihre Verantwortung erinnern und gemeinsam gegen die Kürzungen des Eingliederungstitels kämpfen! Sollte es doch zu den Kürzungen kommen, müssen wir vorbereitet sein. Wir werden dann mit den Betroffenen gemeinsam Lösungen erarbeiten. Und da haben Beschäftigungsträger und Projekte ganz unterschiedliche Probleme, da hilft kein allgemeines Konzept weiter.
Aber selbst wenn wir ein Konzept für nötig hielten, bräuchte es andere Inhalte. Für die rotgrüne Koalition stehen die Langzeitarbeitslosen und deren Möglichkeit der Qualifizierung im Mittelpunkt. Wir wollen weiterhin Menschen die Teilhabe an Arbeit ermöglichen und ihnen damit eine Perspektive bieten. Durch sinnvolle Tätigkeiten erhalten Erwerbslose neue Lebensperspektiven und gesellschaftliche Anerkennung. Die Beschäftigung in sozialen Projekten in den Stadtteilen ist für manche Menschen eine notwendige Möglichkeit, die auch weiterhin erhalten werden muss.
Aktive Arbeitsmarktpolitik und soziale stadtteilbezogene Projekte sind deshalb untrennbar mit einander verknüpft. Wenn die Fraktion die Linke hier von Querfinanzierung spricht, verkennt sie diesen Zusammenhang.
Deshalb müssen die arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen weiterhin im Fokus unser Überlegungen stehen. Die Interessen, Fähigkeiten und Qualifizierungsbedarfe der Arbeitssuchenden stehen im Mittelpunkt. Die notwendige Unterstützung von stadteilbezogenen Projekten folgt diesen.
Sehr geehrte Damen und Herren, deshalb werbe ich dafür, den vorliegenden Antrag der Fraktion der Linken abzulehnen.
Leave A Comment