Präventive Schuldenberatung ermöglicht neue Lebensperspektive
2012-09-11 Rede in der Stadtbürgerschaft zur Großen Anfrage „Präventive Schuldenberatung“
(Es gilt das gesprochene Wort)
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
Schuldenberatung klingt unscheinbar. Ist es aber nicht! Eine drohende Überschuldung oder Überschuldung ist häufig eine Ursache für den sozialen Absturz. Denn sie führt dazu, dass die Betroffenen ihre Strom- und Telefonrechnungen nicht mehr zahlen können, sie verlieren ihr Girokonto und ihre Wohnung, Existenzängste, Stress, und Verzweiflung führen oft zu psychosozialen Problemen, der Lebensunterhalt ist gefährdet, und im schlimmsten Fall droht der Verlust des Arbeitsplatzes.
Deswegen ist die Frage, ob Leute sich aus der Verschuldung befreien können, die entscheidende Weichenstellung für ihr zukünftiges Leben. Sich aus der Schuldenfalle zu befreien ist in den meisten Fällen ohne professionelle Hilfe nicht zu schaffen. Solche Hilfestellung leisten die Schuldenberatungsstellen. Eine Schuldenberatung, die für die betroffenen Bremerinnen und Bremer oftmals die letzte Hoffnung ist, darf nicht am Geld scheitern.
Im Sommer 2010 kassierte allerdings das Bundessozialgericht in seinem Urteil die Kostenübernahme für die vorbeugende Schuldenberatung als Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit. Das betrifft Arbeitslosengeld 1 – Empfängerinnen und Empfänger, prekär beschäftigte Menschen und Geringverdienende. Sie sollen sich im Sinne des „Forderns“ auf eigene Kosten präventiv beraten lassen, damit sie gar nicht erst in die Abhängigkeit staatlicher Hilfe geraten. Die Erhaltung ihrer Erwerbsfähigkeit liegt demnach in ihrer eigenen Verantwortung. Das ist absurd. Denn wer dagegen bereits schon Hilfe nach SGB 2 oder SGB 12 erhält, bekommt auch nach dem Urteil weiterhin eine kostenlose Schuldenberatung. Das aber entspricht nicht unserer Auffassung des sozialpolitischen Grundsatzes präventiver Sozialpolitik.
Wir Grüne finden, dass wir die überschuldeten Bremerinnen und Bremer nicht im Stich lassen dürfen. Seit Juli diesen Jahres übernimmt Bremen daher die Kosten der Schuldenberatung für Geringverdienende und ALG 1-EmpfängerInnen mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis zu 1013 Euro. Bei Menschen mit einem Einkommen zwischen 1013 und 1313 Euro wird ein Eigenanteil von 130 Euro fällig. Jenseits der Obergrenze von 1313 Euro endet diese Kostenübernahme. Mit diesem gestaffelten Modell haben wir die unsoziale Lücke geschlossen, die das Urteil des Bundessozialgerichtes gerissen hat.
Bereits jetzt, nach nur zwei Monaten Laufzeit, berichten mir die Beratungsstellen in Bremen, dass das Programm gut anläuft und bei den Betroffenen auf positive Reaktionen stößt. Die Kosten, durch das Programm entstehen, sind in den Haushalten 2012 und 2013 abgedeckt. In den Haushaltsberatungen der Jahre 2014 und 2015 muss sichergestellt werden, dass die Schuldenberatung für die Gruppe der besonders armutsgefährdeten Bremerinnen und Bremer auch weiterhin möglich sein wird. Darauf wird die Grüne Fraktion in den nächsten Haushaltsberatungen achten.
Schuldenberatung hilft den Betroffenen in akuten Lebenskrisen. Überschuldung entsteht oft durch schwerwiegende Erkrankungen, durch Trennung oder Tod des Lebenspartners. Überschuldung kann somit jeden von uns treffen. Sie betrifft Selbständige, Immobilienschuldner, Ausgebildete aus dem Handwerk, auch Professoren, die sich übernommen haben, aber auch Jungakademiker und Schulabgänger ohne Abschluss. Überschuldung ist vor allem aber eine direkte Folge von geringem Einkommen.
Hervorzuheben ist, dass die meisten Beratungsstellen in Bremen eine umfassende Schuldenberatung machen. Damit geht Schuldenberatung über das einmalige Verfahren der Insolvenzabwendung hinaus, sondern sie gibt konkrete Hilfe in existenziellen Lebenskrisen. Sie bedeutet praktische Begleitung, wie z.B. eine gemeinsame Budgetplanung, damit die Miete weitergezahlt werden kann, und berät, wie die Einkommenssituation verbessert werden kann.
Durch die Stärkung der präventiven Schuldenberatung ermöglicht Bremen Arbeitslosengeld 1 – Beziehern, geringverdienenden und prekär beschäftigen Menschen die Chance auf eine neue Lebensperspektive. Schuldenberatung ist somit ein wichtiger Beitrag zur Armutsvermeidung und sie ist ein direkter Weg der Armutsbekämpfung.
Hier geht es zu meiner parlamentarischen Initiative * Präventive Schuldenberatung und zu den Pressmitteilungen
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