Die eigenen vier Wände *Fachveranstaltung zur Wohnungslosenpolitik

Auf diesem Blog ist sowohl die Einladung der Fachveranstaltung abgebildet als auch meine einleitenden Worte. Zum ausführlichen Blog zur Veranstaltung schaut hier.

 

Diskussionsveranstaltung EINLADUNG

Die eigenen vier Wände – Neuausrichtung der Wohnungslosenhilfe in Bremen

10. Juli 2014, 16-19 Uhr, Wallsaal der Stadtbibliothek Bremen, Am Wall 201 (Zugang)

Vor einem Jahr hat die Bremische Bürgerschaft ein Konzept für die Neuausrichtung der Unterbringung von wohnungslosen Menschen in Bremen beschlossen. Kerngedanke des Konzepts ist, dass wohnungslose Menschen vorrangig in eigene
Wohnungen vermittelt werden. Je nach individuellem Bedarf sollen unterstützende Hilfen angeboten werden. Die Senatorin für Soziales und die Träger haben angefangen, dieses Konzept umzusetzen. Thema der Veranstaltung ist, wie das
Konzept bisher umgesetzt wurde und welche Schritte weiter erforderlich sind.

Jonas Pot D’Or, Streetworker, wird aus seinen Erfahrungen berichten, die er täglich mit wohnungslosen Menschen auf der Straße macht. Britta Klocke gibt einen Einblick über die Arbeit in den Notunterkünften für Männer und Frauen. Ihr geht es auch um die Probleme von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen. Des Weiteren wird sie über die besondere Lage von wohnungslosen Frauen sprechen. Grundlage für jede Politik gegen Wohnungslosigkeit ist, dass genügend Wohnungen  zur Verfügung stehen. Manfred Corbach legt dar, welche Angebote die kommunale Wohnungswirtschaft macht. Dr. Petra Kodré von der Zentralen Fachstelle Wohnen  gibt einen Ausblick darüber, wie es mit der Wohnungslosenhilfe in Bremen weitergehen soll.

Mit von links:

_DSC0525Manfred Corbach, Leiter Immobilienwirtschaft (GEWOBA Bremen)

Dr. Petra Kodré,Leitung der Zentrale Fachstelle wohnen

Moderation: Holger Baars, freier Journalist bei Radio Bremen

Susanne Wendland MdBB, sozialpolitische Sprecherin, Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Jonas Pot D’Or,  Sozialarbeiter für die aufsuchende Brennpunktarbeit,
Streetworker für Obdachlose (Verein Innere Mission)

Britta Klocke, Leitung des Jakobushauses (Verein Innere Mission)

 

Meine Einleitung als Gastgeberin der Veranstaltung könnt ihr hier nachschauen.

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Liebe Gäste,

ich möchte gerne einige einführende Worte sagen zu unserer Veranstaltung „Die eigenen vier Wände“ – Neuausrichtung der Wohnungslosenpolitik“. Wohnungslose Menschen haben keine eigene Lobby. Gerade diejenigen, die ihre Interessen nicht im politischen Prozess selbst artikulieren können – bedürfen unserer Aufmerksamkeit.

Das Schicksal, ohne eine Wohnung da zu stehen, kann jeden von uns treffen. Keine Arbeit zu haben, Trennung vom Lebenspartner oder eine langwierige Krankheit können zum Verlust der eigenen vier Wände führen. Unser Ziel ist, dass wohnungslos gewordene Menschen so schnell wie möglich zurück in eine eigene Wohnung können. Deshalb haben wir in der Bürgerschaft im Dezember 2012 den Senat aufgefordert ein Maßnahmenpaket vorzulegen. Dieses Konzept liegt seit einem Jahr vor.

Grundlage für jede Politik gegen Wohnungslosigkeit ist, dass genügend Wohnungen zur Verfügung stehen. Durch hoffnungsmachende Gespräche mit der Wohnungswirtschaft ist es gelungen, dass die großen Wohnungsbaugesellschaften ein Kontingent von Wohnungen speziell für Wohnungslose zur Verfügung stellen. Damit sind wir unseren Anspruch, dass jeder wohnungslose Mensch möglichst schnell zurück in eine eigene Wohnung kann ein kleines Stück näher gekommen. Dabei besteht aber weiterhin das Problem, dass es immer noch zu wenige Wohnungen gibt, vor allem zu wenige kleine Singlewohnungen und Wohnungen für große Familien.

Auch bei der Schaffung von neuem Wohnraum im Rahmen des Bündnisses für Wohnen ist geplant das ein Teil der neu entstehenden Sozialwohnungen direkt an wohnungslose Menschen vermietet werden sollen. Das ist dringend erforderlich, weil immer mehr Wohnungen aus der sozialen Bindung laufen. Dennoch: die neu entstehenden Sozialwohnungen werden den Bedarf im Bestand nicht auffangen. Das Problem, dass immer mehr Wohnungen aus der Bindung fallen, und damit der Stadt Bremen Belegmöglichkeiten fehlen werden, ist immer noch ungelöst ist. Das ist vor allem fatal für wohnungslose Menschen und Flüchtlinge.

Die Bereitstellung von Wohnraum ist aber nicht alles. Viele wohnungslos gewordene Menschen brauchen unterstützende Hilfen – dies gilt insbesondere für die Startphase in der eigenen Wohnung. Dafür ist im Konzept ein ambulantes Maßnahmenbündel vorgesehen. Es gibt Hilfen, die den Einstieg in das Wohnen in eigenem Wohnraum erleichtern und den Erhalt der Wohnung sichern sollen. Z.B. wird bei Behördengängen geholfen, bei Wohnungsbesichtigungen wird Begleitung angeboten oder aber es werden in Konfliktsituationen mit der Nachbarschaft vermittelnde Gespräche organisiert.

Neben diesen niedrigschwelligen Hilfen sollen – und dies war uns Grünen eine besonders wichtige Forderung – bei Bedarf vermehrt intensiv betreute Hilfen in eigenen Wohnungen angeboten werden. Die Innere Mission – die heute hier mit am Tisch sitzt – setzt dieses Konzept um und will ihr Angebot ausweiten.

Die Vermittlung in eigenen Wohnraum macht Übergangswohnheime – wie im Jakobushaus – überflüssig. Dieses wurde – mittlerweile – weitestgehend aufgelöst.

Für Menschen, die nicht wissen wo sie schlafen sollen, wird es auch weiterhin Notunterkünfte als kurzfristiges Obdach geben. Dabei halten wir Grüne an einer eigenständigen Notunterkunft – nur für Frauen- fest, die sich in ihrer bisherigen Form grundsätzlich bewährt hat.

Das Konzept zeigt, dass der rot-grünen Regierung die prekäre Lebenssituation von Wohnungslosen bewusst ist, und zeigt notwendige Veränderung im Hilfesystem auf.

Aber wir müssen weiter machen. Mit der Neuausrichtung der Wohnungslosenhilfe verlassen wir ausgetretene Pfade und betreten in einigen Bereichen Neuland.

In ganz naher Zukunft werden wir in Bremen Notunterkünfte betreiben, die ohne angeschlossene Übergangswohnheime arbeiten. Hierfür benötigen wir ein neues Übergangsmanagement. Wir Grünen haben dieses in Form des Clearingwohnens eingefordert. Nun steht dieses in den Startlöchern. Ich freue mich sehr, das 21 Clearingwohnungen von der Inneren Mission in der Gröpelinger Heerstraße angeboten werden. Ein Gebäude davon gehört der GEWOBA, das andere der Inneren Mission. Das befristete befristeten Clearingwohnen eröffnet die Chance, die Feststellung des individuellen Hilfebedarfs auf der einen Seite und die Bereitstellung der Wohnung mit eigenem Mietvertrag klarer voneinander zu trennen.

Wir können feststellen: Wir sind ein gutes Stück weiter gekommen, vor allem beim Angebot des betreutem Wohnens und dem Übergangsmanagement. Dennoch stehen wir weiterhin vor Herausforderungen um das Hilfesystem für Wohnungslose Menschen ihren Bedarfen entsprechend auszugestalten, und auch davor, genügend Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Deswegen haben wir Grünen diese Veranstaltung heute organisiert. Damit wir mit verschiedenen Akteure aus verschiedenen Perspektiven schauen können, wo wir stehen, welche weiteren Schritte notwendig sind. Für mich geht es konkret auch darum, Beratung mitzunehmen, um neue und notwendige Ansätze in den politischen Raum zu tragen.

Folgende Fragen stellen sich mir:

–       Mit welchen Modellen könnte es gelingen, mehr Menschen dezentral in den Stadtteilen Wohnen in Normalwohnraum mit eigenem Mietvertrag zu ermöglichen?

–       Wie können wir die Ausgestaltung der begleitenden und ambulanten Hilfen weiter konkretisieren und passgenaue Unterstützung für die Betroffenen entwickeln?

–       Vor welchen Problemen stehen wir möglicherweise beim Übergangsmanagement, dem Clearingwohnen?

–       Würde es dem ambulanten Angebot gut tun, wenn wir einen belebenden Wettbewerb von mehreren Anbieter und Trägern hätten, um eine Vielfalt in Angeboten und Ansätzen sicher zu stellen?

–       Wie gestaltet sich derzeit die Arbeit in den beiden Notunterkünften? Vor welchen Herausforderungen stehen wir hier?

–       Was benötigen wir, um das Hilfesystem noch stärker präventiv auszurichten, damit Wohnungsverluste vermeiden werden können?

–       Es stellt sich auch die Frage, welches gezielte Angebot wir für wohnungslose Menschen mit psychischen Erkrankungen ohne Krankheitseinsicht, benötigen, um diese tatsächlich auffangen zu können?

 

 

 

 

 

Posted by:

Susanne Wendland

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