Alles Gentri – oder was ?
Mein Stadtteil verändert sich. Die Neustadt. Wie andere Stadtteile auch. Weil die Gentrifizierung greift. Neue Bewohner kommen, alte werden verdrängt. Und zwar so stark, dass in manchen Wohnquartieren nur noch gut betuchte Menschen wohnen. Grüne Politik will einerseits Räume für Kultur schaffen und Quartiere aufwerten, auf der anderen Seite bezahlbares Wohnen erhalten. Ich meine, grüne Politik muss sich diesem Widerspruch stellen.
Gentrifizierung ist zu einem politischen Kampfbegriff geworden. Nur zur Erinnerung: Rote Flora, Esso-Häuser, Hamburg Schanzenviertel. Wie sich gegen die Verdrängung wehren? Wohnen ist eine soziale Frage.
Die Grünen fördern die alternative Kreativ- und Kulturszene. Das ist gut so. Diese entfaltet sich in günstigen Wohn- und Gewerbequartieren. Und macht auf sich aufmerksam. Die Attraktivität des Stadtteils erhöht sich. Was neue Bewohnerinnen und Bewohner anzieht. Wie auch die Immobilienwirtschaft. Folge: Die Nachfrage steigt, das Angebot wird teuer. Exklusives Wohnen entsteht, die Verdrängung nimmt zu. Wie in der Neustadt, die zusammen mit Walle gerade als Hotspot der Gentrifizierung gilt.
Also: Let’s talk about Gentri*fizierung. Denn so wie es momentan läuft, forciert sie die soziale Spaltung der Stadt. Nicht mehr nur Herkunft, Bildung und Arbeit entscheiden, sondern auch die Frage: wer kann wo wohnen? Und es gibt Menschen, die sich gegen diese Entwicklung engagieren. Sie ziehen mit mir durch die Straßen in der Neustadt oder auch in Schwachhausen und sind verärgert darüber, wie sich ihr Stadtteil verändert. Mit Mieten, die für sie nicht mehr bezahlbar sind. Also: Es ist nicht nur ein Problem des Hartz-IVlers, des Geringverdieners, oder des Flüchtlings. Sondern mittlerweile auch ein akutes Problem der Mittelschicht in Bremen. Und darüber müssen wir diskutieren. Wir, bei den Grünen und mit den Menschen in Bremen. Denn die Verdrängung zieht sich durch die gesamte Stadt.
Versteht mich richtig: Ich bin dafür, dass Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten miteinander in einem Stadtteil leben. Es gibt Quartiere, die Aufwertung brauchen, wie zum Beispiel der Ohlenhof in Gröpelingen oder das Hohentor in der Neustadt. Nur, irgendwann ist ein Punkt erreicht, wenn daraus Verdrängung, aus Aufwertung Gentrifizierung wird. Das Tempo der Entwicklung ist hoch. Taktgeber dabei sind einzelne und meist schwergewichtige Immobilien- und Baufirmen, die zu viel Einfluss haben. Weil sie zu stark mit der Politik verbunden sind. Der Bremer Wohnungsmarkt ist zu einseitig aufgestellt.
Auch sind Wohnquartiere wie beispielsweise das Buntentor in der Neustadt unter sozialen Milieuschutz zu stellen. Und der Verkauf von öffentlichen Gebäuden muss transparenter sein. Was auch für den Verkauf öffentlicher Flächen gilt. Wobei wir uns die Frage stellen müssen: Wollen wir eigentlich alles verkaufen? Wäre es nicht nachhaltiger auf Erbbaurecht statt auf Verkauf zu setzen, um gemeinnützige Bauprojekte mit sozialem Gewissen zu fördern?
Also. Gentrifizierung lässt sich nicht verhindern. Nur wir Grüne müssen uns dafür stark machen, den Prozess zu verlangsamen.
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