“Immer zu sagen, was ist!” Zu Gast bei Christian Ströbele in Berlin!
Gestern war ich zu Gast bei Christian Ströbele. In seinem Bundestagsbüro hat er mich herzlich empfangen. Unser Gespräch drehte sich um die brisanten Themen unserer Zeit. Die zunehmende Fremdenfeindlichkeit, Pegida, die soziale Spaltung unserer Gesellschaft und Flüchtlingspolitik. Noch dazu gab es praktische Tipps für meine politische Arbeit.
Christian Ströbele ist 75 Jahre alt. Bei der letzten Bundestagswahl zog er mit fast 50% Prozent der Stimmen für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg direkt in den Bundestag ein. Politik macht Christian seit den 1980Jahren, er gilt als der König von Kreuzberg und viele Menschen sagen, er ist der Glaubwürdigste unter den Politikern. Mich hat besonders interessiert, wie es möglich ist, über so eine lange Zeit hinweg so super engagiert zu bleiben. “Sich selbst treu zu bleiben.” “Immer zu sagen, was ist.” – das ist Christians Devise. “Wichtig ist es, keine schwerwiegenden Kompromisse zu machen, die dich innerlich zerfleischen.” So bleibt man fit im Geist und körperlich gesund. Und vor allem motiviert. Um seine politischen Ziele zu verfolgen, sagt Christian, ist es notwendig, sich zu konzentrieren, auf sein Gewissen, seine Überzeugung. Auch wenn man manchmal damit aneckt, um öffentliche Debatten anzustoßen.
Schnell kamen wir auch auf die drängenden Flüchtlingsfragen zu sprechen Sowohl als Anwalt als auch Politiker treibt Christian das Flüchtlingsthema um. Spannend war, dass es Bremen im Vergleich zu Berlin richtig gut gelingt, die ankommenden Flüchtlinge unterzubringen. Aber wie in Bremen gibt es in Berlin z.B. für minderjährige Flüchtlinge zu wenige Schulplätze und Ausbildungsangebote. Straffällige Jugendliche in eine geschlossene Jugendeinrichtung zu geben, wie es aktuell bei uns in Bremen diskutiert wird, hält Christian für politisch absurd und für Berlin undenkbar. Damit würde man die Probleme der jungen Flüchtlinge nur verschärfen.
Über die AfD und Pegida haben wir uns auch ausgetauscht. Neben den Demonstrationen gegen diese fremdenfeindliche Gesinnung ist es auch wichtig zu hinterfragen, warum und wie immer mehr Menschen aus der bürgerlichen Mitte damit sympathisieren. Christian und ich finden, dass Politiker*Innen sich viel stärker mit der Vertrauenskrise der Bevölkerung in die Politik auseinandersetzen müssen.
Über bezahlbares Wohnen, auch eins meiner Schwerpunkte, diskutierten wir auch etwas länger. Genau wie bei uns schreitet die sozial räumliche Spaltung in Berlin leider ebenso massiv voran. Mittlerweile sind die Mieten in Berlin mit die teuersten in der Bundesrepublik. Angesichts der niedrigen Einkommen – in Berlin ist jeder fünfte arm – müssen viele ihr Quartier verlassen. Die einzig bezahlbaren Stadtteile findet man fast nur noch am Stadtrand. Gründe: zunehmende Spekulation, Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum und massiver Zuzug. Deshalb ist es in der Wohnungspolitik zentral, frühzeitig Maßnahmen zu prüfen und einzuleiten – auch weil diese erst viel später wirken können.
Interessant fand ich, dass die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel schon sehr früh soziale Erhaltungsgebiete (ein städtebauliches Instrument) eingeführt haben, um so eine sozial verträgliche Stadtentwicklung zu gestalten. Um ähnliche Probleme Berlins durch den angespannten Wohnungsmarkt in Bremen zu vermeiden, war es gut für mich, in Berlin gewesen zu sein. Viele Anregungen und Ideen nehme ich mit.
Zum Abschied wünscht mir Christian viel Erfolg für den Wahlkampf und findet, dass eine wie ich wieder ins Bremer Parlamet gehört. Und ich, ich freue mich auf morgen, auf Grünweiss in Bremen.
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